Pädagogische Konzeption

 

der

 

 

Krabbelstube „Pusteblume“ Trier e.V.

Titel Konzeption

 

 

 


 

Inhaltsverzeichnis
 

A.         Kurzportrait der Einrichtung3

B.         Leitgedanken4

C.         Grundsätze unserer pädagogischen Arbeit 6

 

1. Liebe, Nähe, Geborgenheit, Sicherheit 6

1.1 Eingewöhnung6

1.2 Rhythmus und Rituale als Orientierungshilfe7

1.3 Spannungs-/Entspannungsphasen……...………………………9

1.4 Regeln/Grenzen/Freiräume10

 

2. Sinnliche Anregungen/Kreativität 12

2.1 Mit allen Sinnen lernen……………………….………………12

2.2 Entdecken, erfinden, experimentieren12

2.3 Selbsterfahrung13

 

3. Anerkennung und Annahme14

3.1 So wie ich bin, so bin ich o.k. 14

3.2 Gefühle leben16

3.3 Eigenverantwortung und Erfolgserlebnisse. 17

 

4. Erkunden der Welt 18

4.1 Marte Meo. 18

4.2 Erweiterung des „Ich“ als Teil einer Gruppe. 20

4.3 Freispiel und gezielte Angebote. 20

4.4 Reize und Überreizung. 22

 

D.         Team... 24

E.         Eltern. 25

F.         Zusammenarbeit zwischen Team und Eltern27

 


 

  1. Kurzportrait der Einrichtung

 

Wir sind...             eine familienergänzende Kleinkindbetreuungsstätte, 

eine Eltern- und Pädagogeninitiative,

ein eingetragener, gemeinnütziger Verein.

 

Es gibt uns...        seit Dez. 1984. Wir wurden im Okt. 1985 als Träger der Jugendhilfe anerkannt. Seit Dez. 1987 befinden wir uns in der Liebfrauenstraße 5-6.

 

Unser Team...      besteht aus 8,55 (Stellenanteile) staatlich anerkannten Erzieher*innen und einem/r Koch/Köchin, der/die uns mit abwechslungsreichen, vollwertigen Essen versorgt.


Wir haben...         eine 10 stündige, bedarfsgerechte Öffnungszeit

von 7.00 - 17.00 Uhr. 

 

Wir betreuen...     30 Kinder im Alter von 6 Monaten bis 3 Jahre. Die Aufnahmezeit ist von 6 Monaten bis 1 Jahr möglich, danach nicht mehr. Die Kinder bleiben bis zum Wechsel in den Kindergarten (in der Regel mit dem 3. Geburtstag).

Maximale Betreuungszeit täglich: 9 Stunden

Wir haben zwei altersgemischte Gruppen:  

Rote Gruppe: max. 12 - 13 Kinder (3,5 Erzieher*innen)

Grüne Gruppe: max. 17 - 18 Kinder (4,5 Erzieher*innen)


Wir nehmen...      Kinder von berufstätigen und sich in Ausbildung 

                               befindenden Eltern,

Kinder von berufstätigen Alleinerziehenden,

Kinder, die aus einer Notsituation heraus eine Betreuung brauchen.


Wir erheben...      einkommensabhängige Betreuungsbeiträge.

Die Berechnung der Beiträge übernimmt das Stadtjugendamt, die Beiträge werden auf unser Konto überwiesen.


 

  1. Leitgedanken

Grundlage unserer pädagogischen Arbeit sind folgende Annahmen:

Das Kind ist eine Persönlichkeit. Kinder sind von Natur aus aktiv, sie spielen und lernen aus eigenem Antrieb. Sie sind Forscher, Entdecker und Erfinder in einer für sie unerforschten Welt. Die Welt (Umwelt) muss für die Kinder erforschbar bleiben, sie müssen die Möglichkeit haben, eigene Erfahrungen zu machen. Die Umwelt sehen, wahrnehmen und aktives Tun (greifen, anfassen, mit allen Sinnen erfassen, ausprobieren) führen zum Begreifen und Verstehen.[*]

 

Bei unserer pädagogischen Arbeit steht die Ganzheitlichkeit im Vordergrund. Ganzheitlichkeit bedeutet, Körper, Geist und Seele gleichermaßen anzusprechen und sich als ein Teil eines Ganzen zu erleben. *

 

„Sich als Ganzes zu fühlen ist für das Kind, wie für jeden Menschen, eine biologische und kulturelle Notwendigkeit - ein lebensnotwendiger Zustand des Wohlbefindens“                L. Malaguzzi *

 

Auf dieser Entdeckungsreise zu sich selbst und der näheren Umgebung wollen wir die Kinder als liebevolle, verlässliche Bezugspersonen begleiten, sie ernst nehmen und sie in ihrer Einzigartigkeit wertfrei annehmen. Wir sind davon überzeugt, dass Kinder über Kompetenzen verfügen, die sie von Geburt an mitbringen und die wir akzeptieren und respektieren sollten.[†] 

 

Wir orientieren uns an den Bedürfnissen der Kinder, damit sie sich sicher und „ganz“ fühlen können. Die Grundbedürfnisse eines Menschen sind wichtige Lebensvoraussetzungen, um sich eines gesunden, zufriedenen und würdigen Lebens zu erfreuen.

 


 

Grundbedürfnisse sind:

 

a) körperliche:

 

b) seelisch-geistige:

 

 

Kinder sind angewiesen auf Bedürfnisbefriedigung von außen (Eltern, Bezugspersonen). Je älter sie werden, umso mehr können sie selbst die Verantwortung dafür übernehmen. Die Reihenfolge in der Auflistung der Bedürfnisse ist nicht zufällig, sondern wohlüberlegt. Ich brauche zuerst Liebe, Nähe, Geborgenheit, Sicherheit, also (Ur-) Vertrauen, bevor ich die Welt erkunden kann.

 

Der Mensch ist immer bestrebt, seine Bedürfnisse erfüllt zu bekommen. Wenn ihm dieses nicht gelingt, sucht er nach Ersatzbefriedigungen - im Positiven (wie z.B. Ablöseobjekte) wie im Negativen (Verhaltensauffälligkeiten). Wenn sich Eltern / Erzieher*innen ihrer eigenen Bedürfnisse bewusst sind, kann zwischen ihnen und dem Kind eine gesunde Mischung von Geben und Nehmen, von natürlichen Konsequenzen und Kompromissen entstehen. Andererseits brauchen wir auch ein gewisses Maß an Stress, Unsicherheit und Anforderungen, sonst verkümmern wir in Sattheit, Selbstzufriedenheit und Selbstüberschätzung. Entwicklung passiert über der Bequemlichkeitsgrenze.

 

Aus diesen Grundüberlegungen heraus streben wir ein gesundes Mittelmaß zwischen Bedürfnisbefriedigung und Anforderung an, unter Berücksichtigung der jeweiligen Altersstufe der Kinder.


 

  1. Grundsätze unserer pädagogischen Arbeit

 

Das Ziel aller Erziehung ist, dass der Mensch von der Gebundenheit zur Verbundenheit komme.                                                                       Martin Buber

 

1. Liebe, Nähe, Geborgenheit, Sicherheit

1.1 Eingewöhnung

Um dem Kind eine gute Integration in den Krabbelstubenalltag zu ermöglichen, bedarf es einer optimalen Eingewöhnung, die sich bei uns über einen Zeitraum von ca. 8 Wochen erstreckt. Diese Zeit gliedern wir in drei aufeinander aufbauende Phasen:

 

1. Orientierungsphase

Hier nimmt das Kind im Beisein eines Elternteils eine Woche lang, eine Stunde täglich, ersten Kontakt zur Gruppe, den Kindern und den Erzieher*innen auf.

 

2. Eingliederungsphase

Die Erzieher*innen bringen sich bewusst als Bezugspersonen ein.

 

3. Bring- und Abholphase

Das Kind bleibt jetzt alleine (ohne Elternteil) in der Gruppe.

Dies geschieht zunächst für kurze Zeitspannen, die nach und nach in Absprache mit den Eltern verlängert werden.

 

 

Es geht zunächst darum anzukommen und Vertrauen in die Bezugspersonen und die neue Umgebung zu entwickeln. Eine individuelle, behutsame Eingewöhnung ist entscheidend für den Aufnahmeerfolg und die weitere Entwicklung der Kinder bei uns. Deswegen ist es uns wichtig eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit und Absprache mit den Eltern zu haben. Wir legen Wert auf die intensive Begleitung und Unterstützung der Eltern und einen stetigen offenen Austausch.

Die Kinder brauchen in diesem Prozess Zeit, eine ruhige Atmosphäre, überschaubare Räume und verlässliche Bezugspersonen. Deshalb orientieren wir uns bei der Dauer der Eingewöhnungsphase an

dem Entwicklungstempo und dem Wohlbefinden jedes einzelnen Kindes. Für alle Beteiligten ist ein „gutes Gefühl“ unbedingt notwendig. Denn erst dann können die Kinder in dem entstandenen sicheren Hafen erste soziale Kontakte knüpfen und in ihrem Tempo diese neue Welt erforschen und entdecken.

 

Kind, Eltern und Erzieher*innen finden durch den behutsamen Aufbau der Eingewöhnung die Möglichkeit, sich näher kennenzulernen und eine vertrauensvolle Basis zu schaffen. Die Eltern und das Kind brauchen die Sicherheit, akzeptiert und respektiert zu werden, so wie sie sind. Es ist uns ein besonderes Anliegen, ein offenes und verstehendes Ohr für die Ängste, Sorgen und Nöte der Eltern zu haben. Es geht uns nicht um Bewertung, sondern um die Wahrnehmung dessen, was ist. Hier entsteht ein wichtiges Fundament für die weitere Krabbelstubenzeit, denn nur in einer Umgebung, in der sich Eltern und Kind sicher und verstanden fühlen, kann eine wertvolle, gewinnbringende Betreuung entstehen.

 

1.2 Rhythmus und Rituale als Orientierungshilfe

In „Eingewöhnung“ steckt schon das Wort Gewohnheiten und so ziehen sich diese als Rituale, Orientierungspunkte und Rhythmen durch den gesamten Krabbelstubenalltag. In dem Alter, in dem unsere Kinder sind, geht es zunächst hauptsächlich darum, sich an etwas zu gewöhnen. Der Verstand dient noch nicht als Orientierungshilfe, um den Tag in Zeitabschnitte einzuteilen und zu planen. Sie nehmen ihre Welt, so wie sie ist, und leben spontan im „Hier und Jetzt“. Sie orientieren sich an immer wiederkehrenden Tagesereignissen und erkennen sie als Signale zum Übergang in eine andere Tagesphase.

 

Das Kind hat auch zu Hause seinen gewohnten Ablauf und erkennt daran: „Jetzt geht es in die Krabbelstube“. Dort angekommen, unterstützt ein klarer, in der Regel gleich ablaufender Abschied den Übergang in die Gruppe (Abschiedsritual). Der Rhythmus des Tages wird fortgeführt, indem wiederum viele kleine Orientierungspunkte und Gewohnheiten allgemein oder für den/die Einzelne/n verankert sind.

 

Der Tag ist in folgende Phasen aufgeteilt:

 

 

Der Tagesablauf unserer Kleinen orientiert sich vorwiegend an deren individuellen Bedürfnissen (Essen, Schlafen/Ruhen, Aufmerksamkeit/Körperkontakt, Spieldrang usw.). Wir gehen mit großer Zuwendung auf die Kinder ein, sehen sie indem was sie brauchen und begegnen ihnen mit der notwendigen Flexibilität. Wir erleben und begleiten sie in ihrer Tagesstruktur und schenken ihnen die erforderliche Geborgenheit. Das gegenseitige Vertrauen, das Verstehen der non-verbalen Zeichen und eine starke Verbindung bilden dafür die Basis.

 

Strukturen und Rituale für die Kinder:

 

 

Der Ablauf zu den Mahlzeiten ist ritualisiert und klar strukturiert, was den Kindern Orientierung und Sicherheit gibt. So läuten wir vorab das Aufräumen ein, nehmen Platz, die Lätzchen werden verteilt und es beginnt das gemeinsame Singen/Fingerspiele, bevor wir mit unserem „Guten-Appetit-Lied“ zum Essen kommen. Auch dabei begleiten wir die Kinder individuell und sehen ihre motorischen Fähigkeiten. Demnach unterstützen wir die Kinder in ihrer Selbstständigkeit und fördern die Löffelhaltung oder begleiten sie durch das Anreichen ihres Essens. Zeitgleich ist uns bewusst, dass die Nahrungsaufnahme ein sinnliches Erlebnis ist, dem wir Raum und Zeit geben möchten.  

 

 

Strukturen und Rituale für das einzelne Kind:

 

 

Das Kind wächst in diese Gewohnheiten hinein, entwickelt Vertrauen und findet Sicherheit in ihren Abläufen und wird dann zunehmend fähig, Abweichungen von der Regel hinzunehmen und damit umzugehen.

 

Eine gelungene Eingewöhnung vermittelt dem Kind: „Du bist jemand, der mit schwierigen Situationen umgehen kann“ (vgl.  4.1 Marte Meo – Selbstvertrauen, Fähigkeit flexibel mit Veränderungen umgehen zu können).

 

1.3 Spannungs-/Entspannungsphasen

Eine Welle baut sich auf bis zu ihrem höchsten Punkt, fällt in sich zusammen und rollt langsam aus, um sich erneut aufzubauen. Unser ganzes Leben unterliegt diesem Rhythmus der Anspannung und Entspannung; wir finden ihn wieder in Ebbe und Flut, in den Jahreszeiten, im Tag- und Nachtrhythmus, im Ein- und Ausatmen und in der Aktivität und Passivität. Das eine geht nicht ohne das andere, sie stehen in einer Wechselwirkung zueinander.

 

Aus dieser Sichtweise heraus gestalten wir den Krabbelstubenalltag, und es wechseln sich spannende, erlebnisreiche Phasen mit Ruhephasen ab. Wir kommen dem Bedürfnis unserer Kinder nach Spannung (Neues entdecken und ausprobieren, toben, schreien, klettern, springen, bewegen) und Entspannung (sich zurückziehen, kuscheln/wiegen, singen, Bilderbuch schauen, essen, ausreichend schlafen) nach. In der Regel hat ein Krabbelstubenkind kein Defizit an Spannung; es steht in ständiger Interaktion mit anderen Kindern, kann sich an Angeboten beteiligen, sieht und erlebt vieles das erste Mal.

 

Selbst innerhalb einer Spannungsphase sind oft Entspannungs-möglichkeiten notwendig, um ein „Überdrehen“ zu vermeiden (siehe auch 4.4 Reize und Überreizung). Ein einmaliges „Überdreht sein“ ist kein Problem, sondern hat seinen Reiz, doch unsere schnelllebige Welt bewirkt mitunter, dass dies zur täglichen Gewohnheit wird, d.h. das Kind lebt in einer ständigen Überreizung/-forderung. Hieraus können Gesundheitsschäden wie Schlaf- und Essstörungen entstehen sowie Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressionen anderen und sich selbst gegenüber, oder das Kind zieht sich zurück, wirkt apathisch und desinteressiert.

 

Deshalb sind uns die regelmäßigen Entspannungsangebote so wichtig. Ist das Kind schon so unter Anspannung, dass es unsere Entspannungshilfen nicht mehr annehmen kann, so helfen wir den Kindern mit klaren, ruhigen Anleitungen wieder „herunter zu kommen“.

 

Mit der Zeit können die Kinder ihre Grenzen und Möglichkeiten immer besser einschätzen, und sie nehmen oder fordern sich, was sie gerade brauchen.

 

1.4 Regeln/Grenzen/Freiräume

„Kinder sind Gäste, die nach dem Weg fragen. Damit Kinder nicht Gäste in der Welt bleiben, sondern zunehmend verantwortliche, beziehungsfähige und fröhliche Zeitgenossen werden, brauchen sie verlässliche Begleiter, die sich trauen, dem Kind Halt und klare Orientierung in einem geschützten Raum zu geben.“                Irina Prekop

 

Das Kind erfährt im Mutterleib eine kleine, enge Welt, von äußeren Reizen weitgehend unabhängig. Nach der Geburt muss es sich vielen neuen Reizen stellen, wie z.B. Hunger, Temperaturunterschiede, Lichtverhältnisse und unterschiedliche Lautstärken. Es braucht die Berührung der Haut, das Gehaltenwerden, und das Streicheln, um sich geborgen zu fühlen und Sicherheit zu erfahren. Immer wieder wird es sich entscheiden müssen zwischen dem Bedürfnis nach Sicherheit, Geborgenheit, Grenzen und Regeln und dem Wunsch nach Freiheit, individueller Entwicklung, Entscheidungsfreiheit und Selbstständigkeit.

 

In der Krabbelstube gibt es Regeln, Gewohnheiten und Rhythmen, die eine Orientierung für Groß und Klein ermöglichen sollen, um dadurch Sicherheit, Klarheit und Vertrauen zu erzielen.

Die Regeln sind für uns da, wir nicht für die Regeln, d.h. sie können gegebenenfalls verändert oder sogar ausgetauscht werden. Innerhalb dieser Regeln haben die Kinder die größtmögliche Freiheit. Dazu gehört auch die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen und „Nein“ sagen zu dürfen. Dies erfordert von uns ein ständiges Reflektieren unserer Handlungen und unserer inneren Haltung, denn jede Situation oder Begebenheit erfordert eine individuelle Einschätzung, auf die situationsorientiert eingegangen werden muss. Immer wieder stehen wir vor den Fragen:

 

 

Je nachdem, wie ich die Situation einschätze, kann das Kind entweder überfordert oder um sein Erfolgserlebnis, seine Möglichkeit zum Wachsen gebracht werden. All diese Überlegungen sollten uns jedoch nicht handlungsunfähig machen und den täglichen Umgang verkomplizieren. Es geht vielmehr darum, uns bewusst und mit gegenseitiger Achtung den jeweiligen Anforderungen zu stellen.

 

Ein Beispiel: 

 

Wir waren im Palastgarten auf dem Spielplatz. Ein fast dreijähriger Junge wollte schaukeln, das konnte er schon alleine ohne Hilfe, doch wir waren auf dem „großen“ Spielplatz, und die Schaukeln hängen dort höher als auf dem Spielplatz, den wir sonst besuchen. Er probierte, auf das Schaukelbrett zu kommen, aber im entscheidenden Moment kippte jedes Mal das Brett, und er rutschte wieder herunter. Er bat eine von uns, ihn auf die Schaukel zu heben, aber wir antworteten wie meist: „Versuche es selbst, wenn es nicht geht, dann spiele mit etwas anderem.“ Er versuchte es weiter, rutschte wieder aus und schlug sich das Schaukelbrett an die Lippe. Beim Trösten und Abwischen der Lippe war natürlich der Gedanke da: „Warum habe ich ihn nicht einfach draufgesetzt, dann hätte er sich nicht wehgetan!“. Doch kaum war der Gedanke zu Ende gedacht, so lief der Junge schon wieder auf die Schaukel zu. Er probierte es noch einmal – und schaffte es! Er strahlte über das ganze Gesicht und lachte uns zu. Er platzte fast vor Stolz über seinen Erfolg. Seit dem Tag wusste er, wie es geht. Er ist nie wieder vom Schaukelbrett abgerutscht.

Wir hätten ihn vor seiner kleinen Verletzung an der Lippe bewahren können, doch damit hätten wir ihm auch sein Erfolgserlebnis genommen!

 

2. Sinnliche Anregungen/Kreativität

2.1 Mit allen Sinnen lernen

Ohne sinnliche Anregung verkümmert ein Kind. Um seine Welt erfahren zu können, muss es sie riechen, hören, sehen, fühlen und anfassen. Kinder lernen mit ihren Sinnen; ein körpernahes, lustvolles Lernen. Sie brauchen eine Umgebung, die ihre Sinne anregt, die ihnen Lebenslust und Genuss ermöglicht. Glückliche Sinneserfahrungen stärken das Bewusstsein und die Lebenskraft, sie vertiefen die Beziehung zum eigenen Körper. Deshalb ermöglichen wir den Kindern das Planschen mit Wasser, das genüssliche Essen und Trinken, den entspannten Umgang mit der Zeit, das Träumen und Toben. Krabbelstube sollte mit folgenden Erinnerungen und Bildern in Verbindung gebracht werden: schaukeln, wiegen, wippen, kippeln, schreien, kreischen, quietschen, lachen, singen, tanzen, sich im Kreis drehen, kuscheln, knuddeln, kitzeln, Regen im Sommer, Matschepampe machen, mit Töpfen klappern, im Rhythmus stampfen und klopfen, Kissenschlacht, auf einen Baum klettern, sich auf einer Wiese kugeln, barfuß durch die Pfützen laufen, verrückte Wörter erfinden und so fort.

 

2.2 Entdecken, erfinden, experimentieren

Die Phantasie ist ein wichtiger Bestandteil der Kreativität. Man könnte sie als „Einbildungskraft“, als Erfindungsgabe definieren. Ein phantasievoller Mensch entwickelt aus seinen Erfahrungen heraus Ideen, Einfälle und Bilder. Kreativität geht darüber hinaus. Es ist die schöpferische Kraft, von gewohnten Denkmustern abzuweichen, die Bereitschaft, sich eine Sache einmal anders vorzustellen. Es ist die Fähigkeit, Phantasie- und Denkergebnisse beliebiger Art konkret hervorzubringen, die im Wesentlichen neu sind und demjenigen, der sie hervorgebracht hat, vorher unbekannt waren. So sind Kinder kreativ und denken „neu“, auch wenn dem Erwachsenen die Zusammenhänge hinlänglich bekannt sind. Das veranlasst sie oft, die umständlichen Wege abzukürzen. Zu häufig werden Kinder gelehrt und angeleitet, wo sie selbst denken, erfinden und entdecken könnten. Damit bringen wir sie um die Chance, die kreativen Fähigkeiten zu nutzen, die sie haben und die ihnen ermöglichen, selbst auf das Ergebnis zu kommen.

 

Das Spiel ist die Haupttätigkeit der Kinder. Darüber können sie sich äußern, ausdrücken und ausleben; sie machen neue, wichtige und vielseitige Lernerfahrungen, verarbeiten ihre Erlebnisse und Probleme. Sie setzen sich mit ihrer Umwelt auseinander, lernen sie kennen und beherrschen; lebenspraktische Fähigkeiten werden eingeübt. Das Spiel ist ziel- und zweckfrei, es entsteht aus eigenem Antrieb. Es bietet dem Kind die Chance, selbst etwas aus seinen Ideen und Wünschen zu gestalten, den „inneren“ Eindrücken einen Ausdruck zu geben. Es ist unsere Aufgabe, den Kindern Zeit, Chancen, Räume und Möglichkeiten zum ungestörten Spielen zu geben.

 

2.4 Selbsterfahrung

Sinnliche Spiele, das Ausprobieren, Erleben und Begreifen führen zur Selbsterfahrung. Das Kind lernt sich selbst und seinen Körper kennen. „Wo fange ich an, wo höre ich auf – passe ich heute auch noch im Stehen unter das Häuschen?“, „Wer schaut mich da im Spiegel an?“, „Wenn ich in eine Plastikente beiße, schmeckt das anders als die Hand meines Spielkameraden, und die Reaktion ist auch ganz anders.“ In der Interaktion mit den einzelnen Kindern und Erwachsenen in der Gruppe erfährt das Kind sich selbst, lernt seine Grenzen und Möglichkeiten kennen. Es macht eigene Erfahrungen und lernt daraus; es wird immer sicherer, beweglich und flexibel im Umgang mit neuen Situationen. Es wird sich seines Selbst bewusst.

 

Alle Gefühle dürfen bei uns Raum haben, vielmehr unterstützen wir die Kinder dabei, genau zu spüren und benennen ihre Gemütszustände (sei es z.B. in Konfliktsituationen, beim Trennungsschmerz oder der Freude, dass sie die ersten Schritte machen…). Es liegt uns am Herzen, eine angenehme Atmosphäre für Groß und Klein zu schaffen, dafür nutzen wir unser hohes Einfühlungsvermögen und die gegenseitige Offenheit.  

 

3. Anerkennung und Annahme

3.1  So wie ich bin, so bin ich o.k.

Stark und selbstbewusst ist ein Kind, das sich sicher sein kann, dass es so geliebt wird, wie es ist. Dazu braucht es Erwachsene in seiner Umgebung, die ihm liebevoll und wohlwollend begegnen und ihm helfen, die Welt, ihre physikalischen Gesetzmäßigkeiten und ihre Regeln des Zusammenlebens zu verstehen. Ein Kind kommt mit Kompetenzen zur Welt, es spürt Hunger und Durst, Müdigkeit und Langeweile, Schmerz und Wohlbefinden. Wir bemühen uns, diese Signale zu verstehen, damit es sich verstanden fühlt und seine Bedürfnisse und somit sich selbst als in Ordnung empfinden kann. Bekommt das Kind Lob und Anerkennung für sein Tun, so wird es ermutigt, in die Welt zu gehen. Natürliche Konsequenzen lernt es mit der Zeit zu akzeptieren. Sie schwächen es nicht, sondern stärken es vielmehr, indem die Frustrationstoleranz steigt. Eine natürliche Konsequenz ist z.B. die Schwerkraft, und wer einmal einem Kind beim Laufen lernen zugeschaut hat, der weiß, wie groß seine Toleranz zum Hinfallen ist. Auch in der Erziehung unterscheiden wir zwischen logischen Konsequenzen, also einer natürlichen Folge, und der Strafe. Eine Strafe ist unakzeptabel, weil sie das Kind als „schlecht“ oder „böse“ bewertet und es sein „Gesicht verliert“. Nach dieser Niederlage wird das Kind im besten Falle dafür kämpfen (es könnte auch resignieren), das nächste Mal die Oberhand zu gewinnen. Ein Machtspiel beginnt, in dem jeder Beteiligte (Kind und Erwachsener) nur verlieren kann. Den Unterschied zwischen einer Konsequenz und einer Strafe kann man faktisch von außen nicht immer erkennen, er ist trotzdem ein wesentlicher und liegt in der wertfreien Haltung des Erwachsenen dem Kind gegenüber begründet.

 

Ein Beispiel: 

 

Möchten wir mit einem Kind nach draußen gehen und es ist Winter, so ziehen wir ihm eine Jacke, Mütze etc. an. Ist es damit nicht einverstanden, bekommt es die Wahl: es kann mitgehen, wenn es die Jacke anzieht, oder es kann in der Gruppe bleiben. Am Tonfall der Stimme kann man in der Regel erkennen, ob dies eine echte Wahl ist, die wertfrei weitergegeben wird, oder ob es sich um eine Strafe handelt. Wir sagen nicht: „Wenn du deine Jacke nicht anziehst, so bleibst du eben hier“ und sehen es dabei grimmig an, sondern wir erklären ihm, welche Handlung mit welcher Folge im Zusammenhang steht und lassen es entscheiden. Die Entscheidung wird wohlwollend akzeptiert, denn nicht immer muss jedes Kind Lust haben, mit nach draußen zu gehen.

 

Vielleicht weint das Kind trotzdem, weil es gerne rausgegangen wäre und die Konsequenz des Anziehens noch nicht akzeptieren kann – wir werden es trösten, die Konsequenz bleibt gleich. Am nächsten Tag kann es sich erneut entscheiden, und wenn es sich dann für das Rausgehen und Jacke anziehen entscheidet, so hat es einfach eine andere Entscheidung getroffen, ohne „verloren“, nämlich nachgegeben zu haben, denn es ging von Anfang an nicht darum, wer sich durchsetzt.

 

Selbstverständlich gibt es auch die Möglichkeit, das Kind ohne Jacke gehen zu lassen, damit es selbst merkt, wie kalt es ist. Das würde jedoch voraussetzten, dass wir 100% hinter dieser Entscheidung stehen, keinerlei Bedenken haben, dass das Kind krank wird und keinesfalls hoffen, dass es seinen Irrtum bemerkt und einlenkt, sondern dass wir ganz unbedarft damit umgehen können. Denn sollten wir solche Bedenken hegen, so wird das Kind dies schnell entlarven und in einen Konflikt geraten: Soll es nun zugeben, dass es zu kalt ist? Damit behält der Erwachsene Recht, schlimmstenfalls begleitet von den berühmten Worten: „Siehst du, hab’ ich dir nicht gleich gesagt...“, oder das Kind hält die Kälte eben aus, um selbst Recht zu behalten. Auch hier hätten wir wieder den Gewinner/Verlierer-Konflikt, den wir gerne vermeiden, denn ohne ihn erleben wir das Kind kooperativ und entgegenkommend. Warum auch nicht – es gibt ja auf beiden Seiten keine Verlierer. Aus dieser Sicherheit heraus kann es immer besser Konsequenzen akzeptieren, die keine Wahl lassen, wie z.B.: der Herd ist heiß – Hände weg; an den Knöpfen von Herd und Spülmaschine darf nicht gedreht werden; die Steckdosen sind tabu; diese Schubladen sind nur für uns, diese sind für euch; heute müssen alle Kinder mit raus gehen. Hier finden wir ein ruhiges, aber bestimmtes „Nein“ am ehrlichsten.

 

3.2 Gefühle leben

Es ist verständlich, dass das Akzeptieren von natürlichen und logischen Konsequenzen auch nicht immer einfach ist und es wird immer wieder Situationen geben, in denen das Kind traurig, wütend oder ängstlich ist. Am liebsten wäre es uns, das Kind könnte immer fröhlich sein, doch entspricht dies eben nicht der Realität. „Darf“ das Kind nicht traurig, wütend oder ängstlich sein, so wird es mit der Zeit lernen, seine Gefühle zu unterdrücken. Doch unterdrückte Gefühle sind damit nicht verschwunden, sie kommen irgendwann geballt zum Vorschein oder führen zu Verspannungen, Blockaden und Verklemmung. Deshalb ist es uns wichtig, dass unsere Kinder ihre Gefühle ausdrücken und ausleben. Wir unterstützen das, indem wir ihre und unsere Gefühle ernst nehmen und ihren Ausdruck „erlauben“.

 

Ein Beispiel:

 

Fällt ein Kind hin und tut sich weh, so trösten wir es. Es schreit vielleicht laut seinen Schmerz hinaus und weint und schluchzt und kann auf diese Weise seinen Schmerz lindern und seinen evtl. Ärger loswerden darüber, dass es hingefallen ist oder gestoßen wurde. Hat es sich in den tröstenden Armen des Erwachsenen beruhigt, ist es wieder gut, und es kann weiterspielen. Spürt es jedoch, ich soll/darf nicht so lange weinen, es macht den Erwachsenen nervös und er sagt vielleicht: „So schlimm war das nicht“, oder „Das hat ja gar nicht weh getan“, so zweifelt das Kind an seinen eigenen Wahrnehmungen und Gefühlen.

 

Nur das Kind selbst kann sagen, ob das Hinfallen schlimm war oder nicht, denn Schmerzempfinden ist etwas sehr Individuelles. Bekommt das Kind zum Trösten immer etwas zu essen oder die Trinkflasche angeboten, so stellen sich mit der Zeit Kopplungen von Schmerz/Unwohlsein und Nahrung/Flasche ein, die noch bis ins Erwachsenenalter hinein wirksam sein können und wenig wünschenswert sind.

 

Schreien und Weinen sind für Kleinstkinder zunächst die einzigen Möglichkeiten, um Trauer, Wut oder Angst auszudrücken, und deshalb gehen wir achtsam mit dem allzu schnellen Beruhigen anhand von Hilfsmitteln wie Flasche, Schnuller und Co. um.

 

3.3 Eigenverantwortung und Erfolgserlebnisse

Das Kind kommt zur Welt und hat bis zum Erwachsensein Zeit, die Verantwortung für sein Leben zu übernehmen. Warum sollten wir ihm mit 16 Jahren ein großes Paket Verantwortung vor die Füße legen, am besten fangen wir gleich damit an, sie ihm alters- und entwicklungsgerecht zurückzugeben. Lebt das Kind in der Sicherheit, dass der Erwachsene Vertrauen in seine Fähigkeiten hat, so ermutigen es seine Erfolgserlebnisse, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Darf es sich zeitweise selbst beschäftigen, selbstständig robben, krabbeln, sitzen und laufen lernen, so wird es auch, in seinem möglichen entwicklungsbedingten Rahmen, auf sich selbst aufpassen. Auch die Bestätigung, ich werde gebraucht und kann/darf schon mithelfen und ich habe einen festen Platz in der Gruppe (Familie), hilft dem Kind, mutig zu sein und Schritt für Schritt selbstständiger zu werden. Traut man mir etwas zu, traue ich mir selbst etwas zu und kann neugierig die Welt entdecken. Liegt das Kind selten auf dem Boden, so hat es wenige Möglichkeiten, seine Muskulatur aufzubauen und zu stärken, um Schritt für Schritt in die Bewegung zu kommen. Wenn es sich nicht selbst fortbewegen kann, ist es auf die Hilfe des Erwachsenen angewiesen, er muss dann ständig verfügbar sein, um Spielzeug anzureichen und das kindliche Bedürfnis nach äußeren Reizen zu stillen. Liegen die Spielsachen immer direkt neben dem Kind und werden sofort wieder angereicht, fehlt dem Kind der Anreiz, sich selbst fortzubewegen, sollten sie einmal weggerollt seines konsumiert nur.

 

Zudem können all die gut gemeinten Handreichungen des Erwachsenen bei weitem nicht das freudige Gefühl eines Erfolgserlebnisses aufwiegen, das sich einstellt, wenn das Kind es „ganz alleine“ geschafft hat.

 

Das Bewusstsein für den eigenen Körper und für ihr eigenes „Ich“ wird somit geweckt und gefördert. Sie lernen recht früh einzuschätzen, was sie sich zutrauen können und was nicht. Kinder wollen/können selbstständig sein. Sie sind stolz auf ihre Eigenständigkeit, wenn sie die Gewissheit haben, dass der Erwachsene damit einverstanden ist. Eigenständige Kinder sind starke Kinder, weil sie sich ihrer selbst bewusst sind.

 

4. Erkunden der Welt

4.1 Marte Meo

Marte Meo bedeutet „aus eigener Kraft etwas erreichen und bewirken“ und ist eine Methode zur Entwicklungsförderung mit Video-/Bilderunterstützung. Die holländische Sozialpädagogin Maria Aarts entwickelte diese klar strukturierte Methode. Dank ihrer präzisen Beobachtungsgabe hat Maria Aarts konkrete Handlungsmöglichkeiten zur Entwicklungsunterstützung entdeckt, die mittlerweile in 38 Ländern der Welt erfolgreich angewandt werden.

 

Jeder/Jede Erzieher*in unserer Einrichtung ist oder wird in dieser Methode ausgebildet und kann beim Kind schauen:

 

 

um mit der Methode kleinschrittig, effektiv, und konkret die Grundlagen zu schaffen für:

 

 

die für das Leben und die Schulfähigkeit des Kindes gebraucht werden.

 

„Man kann nicht warten und hoffen, dass es sich ändert, man muss konkret was tun.“                                                                                      Maria Aarts 

 


 

In 10 minütigen Arbeitseinheiten (die regelmäßig mit Video aufgenommen werden) „folgen“ wir dem Kind, damit:

 

 

In 10 minütigen Arbeitseinheiten (die regelmäßig mit Video aufgenommen werden) “leiten“ wir die Kinder auf positive Weise, damit:

 

 

Ein zentraler Punkt dieser Methode ist die Verwendung von Videoaufnahmen, die während der Betreuungszeiten und den beschriebenen 10minütigen Arbeitseinheiten durch das Betreuungsteam aufgenommen werden.

 

Die Eltern erklären sich mit ihrer Unterschrift unter den Betreuungsvertrag einverstanden, dass solche Videoaufnahmen von ihrem Kind gemacht und diese innerhalb der Krabbelstube Pusteblume zur Entwicklungsförderung der Kinder, zu internen Weiterbildungszwecken und im Rahmen von Elternabenden/Elterngesprächen genutzt werden dürfen. Der Träger sichert zu, dass die Aufnahmen nicht an Unbefugte weitergegeben und nach spätestens 4 Jahren gelöscht werden.

 


 

4.2 Erweiterung des „Ich“ als Teil einer Gruppe

Kinder brauchen (wollen) Kinder, sie suchen den Kontakt zu ihnen und profitieren voneinander.

 

„So ist das Geben und Nehmen der Anfang jedes Dialogs. Der Sinn des Lebens liegt auch darin, etwas bewirkt zu haben in dieser Welt, und das geschieht einzig im Dialog. Das Wechselspiel des Anfangs: ein Lächeln geben und mit einem Lächeln antworten, setzt sich später fort: Ich gebe dir ein Spielzeug, du gibst mir eines wieder; ich werfe dir den Ball zu, du wirfst ihn mir zurück. Kinder, die im Alter von ein, zwei Jahren mit anderen Kindern zusammenkommen, verlassen sich bereits auf das System des Geben und Nehmens. Sie geben etwas aus der Hand, erwarten aber auch, dass sie es oder etwas zurückerhalten. Das Geben von Gegenständen (Spielzeug) ist bei kleinen Kindern so lange beliebt, wie eine Rückgabe darauf erfolgt. Es geht um einen Aktionsprozess an sich und nicht um das Bedürfnis, etwas haben zu wollen.“                                                                           S.Molcho[‡]

 

Aus diesem Spiel entwickelt sich die Zuversicht, geben (abgeben/teilen) zu können, weil immer auch etwas (wenn auch nicht sofort) zurückkommt. Das Kind entwickelt kein Mangelgefühl. Diese frühe Interaktion erleichtert den Prozess des Sozialverhaltens, nämlich das Verständnis dafür: „Ich möchte etwas haben, tun oder benutzen und der andere auch – also können wir uns abwechseln.“ Es erlebt und erfährt sich als Teil einer Gruppe, es gehört dazu, ohne auf seine Individualität verzichten zu müssen.

 

4.3 Freispiel und gezielte Angebote

In der sogenannten Freispielphase werden Spielangebote gemacht, wie z.B.:

 

Gezielte Angebote sind geplante Einheiten, die eines größeren Aufwands bedürfen, um sie durchführen zu können wie spazieren gehen, mit Fingerfarben malen, mit Wasser planschen, matschen mit Ton, Wackelpudding und anderen „Matschmaterialien“, Hüpfburg aufbauen usw.

 

Es geht im Freispiel wie bei Angeboten darum, sich selbst und die nähere Umgebung kennen zu lernen, so dass Sinneserfahrungen immer ganz oben auf der Liste der angestrebten Lernziele stehen. Wir stellen den Kindern Raum, Zeit und Material zur Verfügung und sind immer darauf bedacht, uns so weit zurückzunehmen wie möglich, damit wir die Kinder nicht in ihrem Spiel behindern und blockieren, indem wir vorgreifen, ihnen auf die Schnelle zeigen, wie es geht, oder ihnen vormalen und sie anfangen, sich daran zu orientieren. Bei den Angeboten ist die Aufmerksamkeit jedoch eindeutig und unabgelenkt bei den Kindern. In den Freispielphasen halten wir uns weitgehend zurück, um den Kindern ihren eigenen Aktionsradius zu ermöglichen. Ein ins Spiel vertiefte Kind stören wir nach Möglichkeit nicht. Gehen die Erwachsenen aus dem Raum und die Kinder merken es nicht, so zeigt dies, dass die Kinder eine eigene Gruppendynamik haben und selbstständig und konzentriert ins eigene Spiel kommen. Es bedeutet, streckenweise unabhängig vom Erwachsenen zu sein und begünstigt Eigeninitiative statt zu konsumieren. Wir wollen keine „Beschäftigungspädagogik“ betreiben, sondern dem Kind in einem ausgewogenen Verhältnis unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit oder unsere Zurückhaltung anbieten.

 

Angelehnt an die Reggio Pädagogik sehen wir den Gruppenraum als „dritten Erzieher“, d.h. die Räume haben Aufforderungscharakter und lassen unsere Kinder Spiel- und Erforschungsmöglichkeiten (Materialien und Gegenstände, mit denen sie ihre Umwelt erprobend und erkundend verstehen lernen) vorfinden, die auf die spezifischen Belange von Kleinstkindern ausgerichtet sind. Damit sind Impulse für neue Herausforderungen gegeben. Wir nehmen die Interessen der Kinder wahr und wollen deren natürliche Neugierde unterstützen. Gegebenenfalls finden sie durch uns eine benötigte Hilfestellung. 

 


 

4.4 Reize und Überreizung

„Es gibt kaum etwas Schlimmeres für ein Kleinkind, als keine Reize zu empfangen. Ein Kind, das sich langweilt, macht sich durch Unruhe bemerkbar“.                 S. Molcho

 

Doch dies gilt auch für den umgekehrten Fall. Ist ein Kind überreizt, findet es oft nicht mehr von alleine zur Entspannung und hält sich durch Unruhe wach. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Kinder eher zu vielen Reizen ausgesetzt sind und zu wenig Entspannung und Schlaf haben als umgekehrt. Eine Krabbelstube bietet viele Möglichkeiten des Spiels und des individuellen Kontaktes, das alles muss verarbeitet werden, und dazu benötigt das Kind Schlaf. Um jedoch Sicherheit zu bekommen, was einem „unruhigen“ Kind fehlt, müssen wir beides ausprobieren und genau beobachten, um darauf angemessen reagieren zu können.

 

Häufig können wir feststellen, dass die Kinder sehr zufrieden sind, sobald sie sich selbstständig im Raum bewegen können. Über die Bewegung bauen sie Spannungen ab und haben zudem die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wohin sie möchten. Kinder bewegen sich, kommen in die Bewegung, wenn sie die Gelegenheit dazu haben. Dazu brauchen sie zunächst nur den Fußboden und den Reiz der Fortbewegung. Liegt ein Kind auf dem Bauch im flachen Kinderwagen, Stubenwagen oder auf dem Boden, wird es sich bemühen, den Kopf zu heben, um schauen zu können. Es reckt und streckt sich nach einem Spielzeug und dreht sich dabei zunächst eher „zufällig“. Dies tut es dann immer wieder, trainiert seine Muskulatur, bis es für die nächste Entwicklungsstufe reif ist. Liegt das Kind viel in einer Babyschale (Maxi Cosi) oder einer Wippe, muss es dies nicht tun, es kann ja alles sehen, der Kopf wird gehalten. Es bekommt ständig Input „geliefert“, ohne jede Aktivität seines Körpers (ähnlich wie beim Fernsehen oder beim Spielen am PC). Außerdem wird die Muskulatur nicht ausgebildet, die es aber braucht, um beim Rollen den Kopf oben zu halten. Fehlt diese Muskulatur, fällt der Kopf beim Rollen nach unten, es tut sich weh und will diese Erfahrung nicht mehr machen. Zum Robben und Krabbeln kommt es dann erst gar nicht. Sehr oft wird dieses Problem dadurch gelöst, dass das Kind irgendwann hingesetzt wird. In dieser Haltung ist es zufriedener, und den Kopf zu halten, ist eher ein Balancieren als ein Kraftakt. Letztlich kommt es jedoch in diese Haltung nur mit Hilfe des Erwachsenen, und es weiß auch nicht, wie man aus dem Sitzen wieder auf den Boden kommt. Es ist auf das ständige Eingreifen und Agieren des Erwachsenen angewiesen - das müsste nicht sein und ist auch schade, denn es bietet dem Kind keine Möglichkeit für Erfolgserlebnisse.

 

Irgendwann kann sich das Kind im Sitzen halten, und es lernt auch laufen, doch wenn dieses Kind fällt, fällt es mitten aufs Gesicht und „ungebremst“ auf den Hinterkopf, weil es keine Zwischenstationen eingeübt hat. Es fehlt ihm an Einschätzungsmöglichkeiten: „Kann ich mir zutrauen, auf diesen Stuhl zu klettern, oder lasse ich es lieber.“ Ein Kind, das nur mit Hilfe in die Bewegung kam, wird sich ständig auf den Erwachsenen verlassen, statt selbst Verantwortung zu übernehmen und auf sich zu achten. Schwierig daran ist, dass das Kind dieses „alleine machen dürfen“ nicht einfordert, sondern im Gegenteil allzu bereit ist, Entwicklungsschritte zu überspringen. Da es „weiß“, dass es eine bequeme Haltung gibt, in der es alles sehen kann, ist es irgendwann „empört“ über das Ansinnen, es auf den Boden zu legen, wo es ohne Anstrengung nicht viel zu sehen gibt. Entwicklung passiert aber über der Bequemlichkeitsgrenze, d.h. das Kind muss Anreize bekommen, selbst etwas zu tun, sonst wird es in der Regel den einfacheren Weg wählen.

 

In der Krabbelstube gibt es dauernd Reize, die das Kind fordern und somit dazu anregen, sich weiterzuentwickeln. Das Spielzeug liegt nicht immer nur in Reichweite, andere Kinder sind schneller, beweglicher und „schnappen“ es ihm weg, da gibt es nur eins: sich bemühen, hinterherzukommen.

Ein Kind, das alleine in die Bewegung kommen durfte, übt solange eine Bewegungsstufe, bis es sich darin sicher ist und zur nächsten weitergeht. Es fällt beim Laufen nicht wie ein Baum um, sondern lässt sich einfach auf den Po fallen oder stützt sich nach vorne mit den Händen ab. Es lernt aus seinen Erfolgen und Misserfolgen und kann in der Regel recht gut einschätzen, was es sich zutrauen kann.

 

Aus diesen Erfahrungen heraus halten wir die Bewegung für ein ganz elementares Thema und fördern diese Tätigkeit durch Einrichtungs­gegenstände wie Kletterhäuschen mit Rutsche, Podeste, Schaukel, Bällebecken, Treppen und 2. Ebene, Hüpfburg usw.

 

Je mehr unsere Kinder die Gelegenheit haben, sich zu bewegen, um so (selbst-)sicherer und geschickter sind sie und umso einfacher ist es für sie, der Langeweile zu entgehen und Überreizungen abzubauen.

 

  1. Team

Als pädagogisches Team bezeichnen wir die Erzieher*innen, die als Stammpersonal in den Gruppen eingesetzt sind.

 

Das Team wird nach Möglichkeit durch einen/e Berufspraktikant*in bereichert, die ein volles Jahr in der Einrichtung bleibt und den Beruf des/der Erzieher*in anstrebt. Hin und wieder kommen Praktikant*innen hinzu, die ein paar Wochen oder Monate bleiben.

 

Unser/e Koch/Köchin ist für viele unserer Kinder eine weitere Bezugsperson. Er/sie gehört zwar nicht unmittelbar zum pädagogischen Team, trotzdem bilden wir mit ihm/ihr eine Gemeinschaft, die zum Wohle unserer Kinder arbeitet.

 

Einen hohen Stellenwert hat für uns die wöchentlich stattfindende zweistündige Teamsitzung. In den Sitzungen

 

 

Letzteres dient dazu, sich mit uns selbst und unserer Arbeit auseinanderzusetzen. Wir erarbeiten und diskutieren:

 

Damit wollen wir:

 

 

Die Teamsitzungszeit wird auch für die regelmäßig stattfindende Supervision, gemeinsame Fortbildungen und Belehrungen (1. Hilfe, Feuerschutz, Notfallübungen etc.) genutzt.

 

 

 

  1. Eltern

Unsere Einrichtung ist 1984 aus einer Elterninitiative entstanden. Von Anfang an war Elternarbeit für uns unverzichtbar. Sie war mitverantwortlich für die Weiterentwicklung der Pusteblume. Eine aktive Mitarbeit und Interesse an unserer Arbeit werden als selbstverständlich vorausgesetzt.

 

Der Träger der Krabbelstube Pusteblume Trier e.V. ist ein aus Eltern zusammengesetzter Vorstand. Seine Aufgabe ist es, die laufenden Geschäfte des Vereins zu führen.

 

Der Förderverein Löwenzahn e.V. wurde im Frühjahr 1998 zusätzlich zum Trägerverein gegründet, um die Krabbelstube in vielerlei Hinsicht zu unterstützen. Dessen Aufgabe ist die Öffentlichkeitsarbeit für die Pusteblume, die Sponsorensuche, die Mittelbeschaffung für eine großzügige Ausstattung der Krabbelstube mit Spielmaterial, die Wahrung von Bildungsmöglichkeiten für Erzieher*innen und Eltern und die Organisation der Arbeitskreise.

 

Die Arbeitskreise (AK) kümmern sich um alles Übrige, bei dem Elterninitiative gefragt ist. Es gibt folgende AKs:

 

 

Der Elternausschuss (EA) wird jährlich von der Elternschaft aus ihrer Mitte gewählt. Die Aufgabe des EA besteht darin, die Interessen der Eltern gegenüber Team und Vorstand zu vertreten. Entsprechend kümmert er sich um alle Belange, die seitens der Eltern an ihn herangetragen werden: Kritik, Vermittlung im Streitfall, Betreuung der Neuen, Suche nach Lösungsmöglichkeiten bei auftauchenden Problemen. Darüber hinaus ist er unterstützend in den jeweiligen Arbeitskreisen tätig.

Im Beirat arbeiten Träger, Leitung, Eltern, päd. Fachkraft und eine Fachkraft als Kinderbeauftragte zusammen. Der Beirat beschließt Empfehlungen unter Berücksichtigung der im pädagogischen Alltag gewonnen Perspektive der Kinder in grundsätzlichen Angelegenheiten, die die strukturellen Grundlagen der Erziehungs-/Bildungs- und Betreuungsarbeit einer Tageseinrichtung betreffen.  

Der Beirat kommt mindestens einmal im Jahr zur Beratung zusammen.

 

 


 

  1. Zusammenarbeit zwischen Team und Eltern

Elternkontakte und der Austausch mit den Eltern sind von grundlegender Bedeutung, um nicht gegeneinander, sondern miteinander handeln zu können. Fragen wie: "Warum haben wir uns für eine außerfamiliäre Betreuung entschieden, was erwarten wir voneinander und was wollen wir für unsere Kinder", aber auch Ängste, Befürchtungen und andere "Nöte" sollten zwischen Eltern und Erzieher*innen besprochen werden.

 

Elterngespräche finden in regelmäßigen Abständen statt, denn sie geben uns die Möglichkeit...

 

 

Gelegenheit zu Elterngesprächen finden wir:

 

 

 

 


 

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[*]Reggio-Pädagogik – kein starres Theoriemodell

[†]Emmi Pikler "Friedliche Babys - zufriedene Mütter"

[‡] Samy Molcho: „Körpersprache der Kinder“, S. 136